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KI-Unterstützung für Verkehrsdisponenten: Chancen und Herausforderungen

Abstract

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bietet große Möglichkeiten, die Effizienz und Qualität des öffentlichen Nahverkehrs zu verbessern. Insbesondere in den Leitstellen der Verkehrsbetriebe können KI-Systeme die Disponenten bei ihren komplexen Entscheidungen unterstützen. Dabei geht es darum, [...]

  • 3:11 Min.

Einleitung

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bietet große Möglichkeiten, die Effizienz und Qualität des

öffentlichen Nahverkehr
s zu verbessern. Insbesondere in den
Leitstellen
der Verkehrsbetriebe können KI-Systeme die
Disponenten
bei ihren komplexen Entscheidungen unterstützen. Dabei geht es darum, die Stärken von Mensch und Maschine zu kombinieren - ein Konzept, das auch als "
Hybride Intelligenz
" bezeichnet wird und Teil des
Industrie 5.0
-Paradigmas ist.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass der Einsatz von KI in diesem Bereich mit verschiedenen Herausforderungen verbunden ist - sowohl auf technischer als auch auf sozio-technischer Ebene. Dieser Artikel beleuchtet diese Hürden im Detail und zeigt auf, welche Lösungsansätze es gibt, um das Potenzial von KI in Leitstellen des öffentlichen Nahverkehrs voll auszuschöpfen.

Herausforderungen

Technische Herausforderungen

Unzureichende Dokumentation wichtiger qualitativer Daten

Eine zentrale Informationsquelle für Disponenten sind

Funkgespräche
mit dem Fahrpersonal, in denen wichtige Informationen zu Störungen und Unfällen übermittelt werden. Leider werden diese mündlichen Informationen oft nur unvollständig und unstrukturiert dokumentiert, was eine automatische Auswertung durch KI-Systeme stark erschwert. Um diese wertvollen Daten nutzbar zu machen, wäre der Einsatz von
Spracherkennungstechnologie
ein möglicher Lösungsansatz.

Unausgeglichene Datensätze

Die Datenbasis für KI-Anwendungen im öffentlichen Nahverkehr ist zwar sehr umfangreich, aber Störungen und Verspätungen machen nur einen kleinen Teil der Gesamtdaten aus. Solche unausgeglichenen Datensätze, bei denen eine Klasse deutlich unterrepräsentiert ist, stellen eine Herausforderung für viele KI-Modelle dar. Glücklicherweise hat sich der verwendete Algorithmus

LightGBM
in dieser Studie als geeignet erwiesen, auch mit solchen Datenverteilungen umzugehen.

Veraltete historische Daten

Aufgrund von

Baumaßnahmen
und
Netzumstrukturierungen
im öffentlichen Nahverkehr sind viele historische Daten veraltet und können nicht mehr für das Training von KI-Modellen verwendet werden. Stattdessen muss zunächst eine neue, aktuelle Datenbasis aufgebaut werden, die den aktuellen Gegebenheiten entspricht.

Sozio-technische Herausforderungen

KI-Training auf Basis suboptimaler historischer Daten

Eine weitere Herausforderung ist, dass die historischen Daten, auf denen KI-Systeme trainiert werden, oft unvollständig sind und wichtige Kontextinformationen fehlen. Dadurch besteht die Gefahr, dass suboptimale Entscheidungen aus der Vergangenheit reproduziert werden, anstatt eine Qualitätsverbesserung zu erreichen.

Heterogene Entscheidungen der Disponenten

In der Praxis treffen Disponenten aufgrund fehlender einheitlicher Handlungsanweisungen individuelle und unterschiedliche Entscheidungen bei Störungen. Diese Heterogenität in den Entscheidungen erschwert das Training einer KI, da sich keine gleichförmigen Handlungsmuster in den Daten zeigen. Stattdessen könnten regelbasierte

Expertensysteme
einen vielversprechenden Ansatz darstellen.

Unklare Zielhierarchien bei dispositiven Maßnahmen

Bei Störungen im öffentlichen Nahverkehr gibt es oft Zielkonflikte, die sich nicht eindeutig auflösen lassen. Zum Beispiel steht die Zufriedenheit der Fahrgäste oft im Widerspruch zu anderen Prioritäten. Für KI-Systeme, die auf Methoden des [bestärkenden Lernens](# "Eine Methode des maschinellen Lernens, bei der ein Computerprogramm durch Belohnung und Bestrafung für seine Handlungen lernt, die beste Lösung für ein Problem zu finden. Dieses Verfahren erfordert jedoch eine klar definierte

Zielhierarchie
, was im Kontext des öffentlichen Verkehrs eine Herausforderung darstellt.") basieren, ist eine klare Zielhierarchie jedoch unerlässlich.

Objektivität und Glaubwürdigkeit relevanter Informationsquellen

Funkgespräche mit dem Fahrpersonal sind eine wichtige Informationsquelle, insbesondere bei Störungen und Unfällen. Allerdings kann die

Objektivität
und
Glaubwürdigkeit
dieser Informationen nicht immer garantiert werden, da das Fahrpersonal direkt in die Situation involviert sein kann. Daher kommt den zwischenmenschlichen Fähigkeiten der Disponenten eine besondere Bedeutung zu, um die Belastbarkeit der Informationen einzuschätzen.

Mangelnde Akzeptanz und Angst vor technologischer Ersetzung

Viele Disponenten sehen KI-Systeme zur

Entscheidungsunterstützung
mit Skepsis. Sie betonen die Wichtigkeit ihres "
Bauchgefühl
s" für gute Entscheidungen und haben Bedenken, ihr
Erfahrungswissen
für eine KI offenzulegen. Außerdem befürchten sie, langfristig durch die Technologie ersetzt zu werden, obwohl das Konzept der Industrie 5.0 gerade auf die Ergänzung menschlicher Fähigkeiten durch Maschinen abzielt.

Lösungsansätze

Um die genannten Herausforderungen zu adressieren, sind verschiedene Lösungsansätze denkbar:

Erklärbare KI-Systeme zur Entscheidungsunterstützung

Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg ist die Entwicklung von KI-Systemen, die ihre Entscheidungen transparent und nachvollziehbar erklären können. Dafür wurde in dieser Studie die

XAI-Methode
SHAP
eingesetzt, die sowohl lokale Erklärungen für einzelne Entscheidungen als auch globale Erklärungen zum Gesamtverhalten des KI-Modells liefert. Das erhöht das Vertrauen der Disponenten in die Technologie.

Integration zusätzlicher Datenquellen

Um die

Vorhersagegenauigkeit
weiter zu verbessern, sollen zusätzliche Daten wie die
Fahrzeugauslastung
in das KI-Modell integriert werden. Auch der Einsatz von Spracherkennungstechnologie zur Auswertung des
Funkverkehr
s könnte wertvolle Informationen erschließen, die bisher ungenutzt bleiben.

Regelbasierte Expertensysteme als Alternative

Als Alternative zu datengetriebenen KI-Lösungen könnten auch regelbasierte Expertensysteme ein vielversprechender Ansatz sein. Dabei würde zunächst eine

Wissensbasis
mit
Entscheidungsregeln
aufgebaut, die auf dem Erfahrungswissen der Disponenten basiert. Dieser Ansatz umgeht die Herausforderungen im Umgang mit unvollständigen historischen Daten.

Fazit

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Entscheidungsunterstützung in Leitstellen des öffentlichen Nahverkehrs birgt großes Potenzial, um die Effizienz und Qualität des Betriebs zu verbessern. Allerdings zeigt sich in der Praxis, dass neben technischen Hürden auch zahlreiche sozio-technische Herausforderungen an der Mensch-Maschine-Schnittstelle zu bewältigen sind.

Um dieses Potenzial voll auszuschöpfen, sind neuartige Ansätze erforderlich, die die Transparenz und Erklärbarkeit der KI-Systeme in den Vordergrund stellen, zusätzliche Datenquellen erschließen und die Akzeptanz der Disponenten fördern. Nur so kann die Kombination von menschlicher und maschineller Intelligenz, wie sie das Konzept der Industrie 5.0 vorsieht, in der Realität erfolgreich umgesetzt werden.